Ausgangslage

Entwicklungen und Veränderungen in sozial- und arbeitsmarktpolitischen Bereichen, sowie die immer häufiger getroffene Entscheidung von Eltern, Familie und Berufstätigkeit von Beginn an miteinander vereinbaren zu wollen bzw. zu müssen, wirken sich erkennbar auf die Situation der Kindertagesbetreuung insgesamt und der Kindertagespflege im Besonderen aus. Die Frage nach den Konsequenzen müssen sich vor allem die Tagespflegepersonen als auch die in den Jugendämtern vermittelnden und begleitenden Fachkräfte stellen.

Die steigenden Forderungen des Arbeitsmarktes und der Arbeitswelt nach Flexibilität und Mobilität der Beschäftigten zeigen Wirkungen in unterschiedliche Richtungen:

Eltern und vor allem Alleinerziehende sehen häufig keine andere Chance als jede „zumutbare“ Arbeit oder ein Ausbildungs- oder Maßnahmenangebot der Arbeitsagenturen anzunehmen.
Ein verändertes Unterhaltsrecht mit der Maßgabe, früher wieder in den Beruf zurückzukehren, drohender Wegfall von Sozialleistungsbezug und verstärkte Vermittlungsbemühungen der Jobcenter oder Arbeitsagenturen tragen u.a. dazu bei, dass immer mehr Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen.

An die Fachkräfte der Jugendhilfe wird daher zunehmend die Aufgabe herangetragen, eine möglichst zeitnahe und passende Kinderbetreuung zu finden, so dass eine Beschäftigungsaufnahme baldmöglichst erfolgen kann.

Aber auch wer eine hochqualifizierte Arbeit hat, möchte häufig zügig wieder ins Berufsleben zurückkehren, um in der schnelllebigen Arbeitswelt den Anschluss nicht zu verpassen. Betriebe sind sehr interessiert daran, die gut ausgebildeten, eingearbeiteten und spezialisierten Arbeitskräfte zu motivieren, dem Arbeitsplatz nicht zu lange fern zu bleiben. Flexible Arbeitszeitmodelle und -strukturen sollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen.

Eine Zuspitzung der Frage, ob sich die Arbeitswelt mehr auf Familien und Kinder oder Familien auf die Anforderungen moderner Arbeitswelt einstellen müssen, ist an der Stelle nicht zielführend. Unabdingbar sollte in jedem Fall intensiv und sorgfältig geprüft werden, welche Lösungen es im Besonderen im Interesse und zum Wohle von betroffenen Kindern und deren Familien gibt.

Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege können und müssen auf die Bedingungen einer zunehmend dienstleistungs- und serviceorientierten, flexiblen Arbeitswelt reagieren. Sie dürfen jedoch nicht unkritischer „Ausfallbürge“ für eine nicht stattfindende Konsensbildung in Unternehmen und Gesellschaft sein. Es gibt genügend familienfreundliche bzw. -bewusste Konzepte von Betrieben, die es ihren Arbeitskräften ermöglichen, Familie zu „leben“ und ihren Kindern gerecht zu werden.
Angesichts des massiven Ausbaus institutioneller Kindertagesbetreuung, der insbesondere vor dem Hintergrund des seit dem 01.08.2013 nunmehr auch für Kinder ab dem ersten Lebensjahr geltenden Rechtsanspruchs zu sehen ist, muss sich die Kindertagespflege als wichtiger Baustein dieses Ausbaus profilieren. Dabei kommt ihr zu Gute, dass sie besonders flexibel auf individuelle Bedarfe reagieren kann. Entscheidend hier ist jedoch die Frage, wie der Qualitätsanspruch auf frühkindliche Bildung aus Sicht des Kindes und dem Bildungs- und Erziehungsauftrag des BayKiBiG entsprechend mit den Erwartungen an die Flexibilität der Kindertagespflege in Einklang zu bringen ist. Diese Debatte muss breit angelegt werden und bedarf einer Beteiligung von engagierten Tagespflegepersonen, deren Interessensvertretungsorganisationen, der entsprechenden Fachgremien und der Vertreter/innen der Kindertagespflege in den Jugendämtern.

Ganz eindeutig muss die dem Angebot Kindertagespflege als Profilmerkmal zugeordnete Flexibilität dort kritisch gesehen werden, wo das Wohl von Kindern und deren Bindungsbedürfnisse in den Hintergrund geraten. Hier besteht nicht nur Diskussions-, sondern auch Handlungsbedarf, der durch die Begrenzung der Anzahl der Betreuungsverhältnisse pro Tagespflegeperson bereits einen ersten Niederschlag gefunden hat.

Flexible Formen in der Kindertagespflege

Familie und Beruf vereinbaren zu müssen oder zu wollen führt zu unterschiedlichen Erwartungen von Eltern:

  • Kurzfristige (spontane) Aufnahme eines Kindes (z. B. wegen Umzug, einer sich kurzfristig ergebenden Arbeitsaufnahme…).
  • Tageweise, wochenweise Betreuung (im Wechsel), z. B. bei Teilzeitarbeit oder wechselnden Schichten.
  • Ungewöhnliche Betreuungszeiten (frühmorgens, abends, nachts, am Wochenende, tage- oder wochenweise wechselnde Zeiten), z. B. wegen Schichtdienst, Nachtarbeit.
  • Randzeitenbetreuung, zum Teil ergänzend zu anderen Betreuungsformen (Kita, Schule, HPT).
  • Zeitweise Betreuung in Ferienzeiten der Schule und Schließzeiten von Kitas.

Die Perspektive der Kinder

Die Neuausrichtung des „Bildes vom Kind“ aufgrund von Forschungsergebnissen wirkt sich auch auf die Frage des Grundverständnisses von Fremdbetreuung aus. Kinder setzen sich von Anfang an aktiv mit ihrer Umwelt auseinander. Sie sind mit Kompetenzen ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, den Dialog mit ihren Bezugspersonen mit zu gestalten und zu steuern. Die Kleinsten sind also nicht hilflos und passiv, sondern fordern ihre Bezugspersonen von Anfang an. Die daraus resultierenden Konsequenzen für die frühkindliche Bildung gelten natürlich auch und in besonderer Weise für die Kindertagespflege als familiennahe Betreuungsform. Kinder benötigen die Verantwortungsübernahme für ihr Wohl durch Erwachsene, durch ihre Eltern und an ihren Bedürfnissen ausgerichtete Entscheidungen bei der Frage, ob und welche Fremdbetreuung in Frage kommt. Eltern müssen davon überzeugt sein, dass ihre Kinder in der Kindertagespflege wichtige Lern- und Entwicklungsschritte machen können und dass dafür bestimmte Voraussetzungen notwendig sind.

Obwohl grundsätzlich davon auszugehen ist, dass Eltern von sich aus das Beste für ihr Kind wollen, besteht in der Beratung und Vermittlung öffentlich geförderter Kindertagespflege die wertvolle Chance, mit den suchenden Eltern die entwicklungsgemäßen Bedürfnisse von Kindern zu besprechen. Darunter fallen unter anderem Bedürfnisse

  • nach Sicherheit in den Beziehungen mit den gewohnten Personen der Familie,
  • nach Sicherheit in Abläufen und Strukturen,
  • nach Kontinuität und Vorhersehbarkeit von Ereignissen und deren zeitliche Abfolge,
  • nach Zugehörigkeit und Geborgenheit und tragfähigen Beziehungen zur Tagespflegeperson und deren Familienangehörigen, zu anderen Kindern in der Kindertagespflegefamilie,
  • nach emotionaler Verfügbarkeit und pädagogischer Aufmerksamkeit,
  • nach Berücksichtigung des Rhythmus und des Zeiterlebens von Kindern.

Mit der gesetzlichen Verankerung des Bildungsauftrags auch für die Kindertagespflege wird klargestellt, dass neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in erster Linie die Kinder und ihre positive Entwicklung im Mittelpunkt stehen.
Dies ist im Besonderen bei Entscheidungen im Hinblick auf flexible Formen der Kindertagespflege zu berücksichtigen. Auch bei Annahme einer gewissen Plastizität und Widerstandsfähigkeit von Kindern gegenüber herausfordernden Situationen und Ereignissen muss für jedes einzelne Kind genau abgewogen werden, was ihm an Anpassungsleistung zugemutet werden kann. Je jünger das Kind ist umso mehr muss beachtet werden, dass Bindung die Voraussetzung von Bildung ist. Aber auch die individuelle Situation jedes Kindes, seine persönlichen Ressourcen und die gesamte Familiensituation müssen in die Auswahl und Ausgestaltung der Betreuungsform einbezogen werden.

Die Perspektive der Eltern

„Eltern werden“ führt zu weitreichenden Veränderungen im Lebensalltag, die oft nicht vorhersehbar sind. Entscheidungen müssen ab diesem Zeitpunkt vor dem Hintergrund von Elternverantwortung getroffen werden. Schwierig wird dies häufig dann, wenn die Entscheidung für oder gegen Berufstätigkeit und wenn ja – zu welchem Zeitpunkt – ansteht.
In dieser Phase sind Eltern bei der Entscheidungsfindung zu begleiten und zu beraten. Sie sollten die unterschiedlichen Formen der Kindertagesbetreuungsmöglichkeiten kennen, damit für das Kind die beste Entscheidung getroffen werden kann. Natürlich sind auch gegebenenfalls Alternativen aufzuzeigen.
Auf dieser Grundlage getroffene Entscheidungen sind sicherlich eine bessere Voraussetzung für das Gelingen einer Fremdbetreuung inklusive der so wichtigen Erziehungs- und Bildungspartnerschaft als Entscheidungen in Zeitnot und unter Druck oder Unkenntnis. Ein offener Umgang mit den meistens, in dieser Situation vorhandenen ambivalenten Gefühlen, unterstützt Eltern bei der Suche nach der „richtigen“ Lösung und Entscheidung. Hier geht es in keiner Weise um die alte Diskussion, dass „Mama in jedem Fall die Beste ist“, sondern um ein faires Abwägen und ein Vertreten kindlicher Interessen. In diesem Sinne muss „Kinderbetreuung um jeden Preis“ ausgeschlossen sein.

Unabhängig von der Notwendigkeit einer Arbeitsaufnahme von Eltern ist ganz eindeutig die Tendenz erkennbar, früher in den Beruf zurückzukehren. Hier geht es um einen Interessensausgleich im Sinne einer guten Gegenwarts- und Zukunftslösung für alle Beteiligten: eine befriedigende berufliche Perspektive für Eltern verbunden mit einer Kinderbetreuungslösung, die sowohl die Aufnahmephase als auch das laufende Betreuungsverhältnis qualitativ hochwertig und pädagogisch sorgfältig gestaltet. Auf den Punkt „Perspektive der Kinder“ wird verwiesen.

Familien mit ungewöhnlichen oder unregelmäßigen Arbeitszeiten werden bei der Suche nach der optimalen Betreuungsform für ihre spezielle Situation zwangsläufig auf die Kindertagespflege stoßen – als bewusste Entscheidung für die Vorzüge dieses Angebotes oder in Kenntnis der Tatsache, dass Kitas auf solche Anfragen nicht oder nur sehr begrenzt reagieren (können).

Die Perspektive der Tagespflegeperson

Die Vorstellung, dass das Tageskind neben der Zuständigkeit für die eigene Familie so quasi nebenbei mitläuft, ist in manchen Köpfen durchaus noch vorhanden. Mit einem steigenden Selbstverständnis der Kindertagespflege als professionelle Dienstleistung und als Baustein des Kinderbetreuungsangebotes der Kommune müssen die Tagespflegepersonen verstärkt darauf achten, ein besonderes Profil zu zeigen und die Qualität ihres Betreuungsangebots zu beschreiben.
Flexibilität ist sicher ein Qualitätsmerkmal, das die Kindertagespflege auszeichnet. Sie kann aber gleichzeitig eine besondere Gefahr darstellen, wenn sie falsch verstanden wird und Kindertagespflege z.B. so zum „Ausfallbürgen“ für Betreuungszeiten wird, die von Einrichtungen nicht abgedeckt werden können oder wollen. Nur wenn zur Flexibilität immer wieder auch der Bildungs- und Erziehungsauftrag, der damit verbundene Qualitätsanspruch und die hohe Bindungsqualität als zum Profil gehörende unverzichtbare Bausteine gezählt werden, wird Kindertagespflege auch als qualitativ wertvolles Angebot wahrgenommen.

Bereits vor Aufnahme der Tätigkeit als Tagespflegeperson muss sich diese die Frage stellen, wie hier eine Balance zwischen den Vorstellungen und Wünschen der Eltern nach zeitlicher Flexibilität und dem eigenen Selbstverständnis herzustellen ist. In der Folge wird bei jeder Anfrage nach einem flexiblen Angebot zu prüfen sein, inwieweit die Tagespflegeperson und auch deren Familie sich eine Realisierung vorstellen können. Je nachdem, wie hoch die Zahl der unterschiedlichen Betreuungszeiten ist, die angeboten werden soll, umso sorgsamer muss diese Prüfung stattfinden, auch unter Einbezug der Frage, wie die Tagespflegeperson die „Zumutbarkeit“ für das (künftige) Tageskind einschätzt.

Flexible Anwesenheiten von zu betreuenden Kindern stellen hohe Anforderungen an die Organisation der Kindertagespflegefamilie und bedeuten einen großen Einschnitt in den Lebensraum dieser Familie. Welchen Platz sollen/dürfen/müssen die Tageskinder einnehmen, um eine gute Qualität im Sinne des Auftrages Bildung, Erziehung, Betreuung garantieren zu können? Wie viel Zeit und pädagogische Aufmerksamkeit für das Kind und dessen Eltern ist notwendig? Werden die zeitlichen, emotionalen und Energieressourcen ausreichen, um auch der eigenen Familie gerecht zu werden? – und dies, ohne, dass sich die Tagespflegeperson mit ihren eigenen Bedürfnissen nach Auszeiten, Erholung, Regeneration und eigenen Interessen völlig vergisst.
Angehende oder bereits tätige Tagespflegepersonen müssen sich diese Fragen immer wieder stellen und brauchen Raum in der Qualifizierung und Fortbildung zur Reflexion, um Überforderungssituationen vorzubeugen. Die Bereitschaft, einer anderen Familie zu helfen und das gewünschte Betreuungsarrangement zu realisieren („immer alles möglich machen“) ist bei vielen Tagespflegepersonen vorhanden. Eine klare Position mit definierten Grenzen für ein Entgegenkommen und die Auseinandersetzung mit den Themen „ Nein sagen“ und „Nähe und Distanz“ ist hier unerlässlich. Tagespflegepersonen brauchen hier Unterstützung bei der Entwicklung eines professionellen Selbstverständnisses.
Sie brauchen aber auch eine angemessene Entlohnung ihrer Tätigkeit, um nicht aus finanziellen Gründen alle möglichen Anfragen und Begehrlichkeiten erfüllen zu müssen.

Die Perspektive und Aufgabenstellung für die Fachkräfte der Kindertagespflege im Jugendamt

Als Vertreter der öffentlichen Jugendhilfe obliegt den Fachkräften der Kindertagespflege im Jugendamt oder bei freien Trägern in erster Linie die Aufgabe der Interessensvertretung für die Belange und das Wohl der Kinder. Wünsche nach flexiblen Betreuungsleistungen der Kindertagespflege, sei es von Eltern, Arbeitsagenturen, Firmen usw. müssen daher immer im Hinblick auf die Interessen und Grundbedürfnisse des Kindes überprüft werden. Dabei spielt das grundsätzliche Kooperationsverständnis zwischen Arbeitsverwaltung und Jugendamt ebenso eine Rolle wie das professionelle Verständnis der einzelnen Fachkraft des Jugendamtes. Ähnliches gilt, wie bereits ausgeführt, ebenfalls für die Interessen von Arbeitgebern nach rascher Rückkehr ehemalig Beschäftigter an den Arbeitsplatz. Auch hier müssen Eltern bei der Anforderung nach flexiblem Einsatz der Arbeitszeiten oder bei einer „ungewöhnlichen“ zeitlichen Lage darin gestärkt werden, auch ein Entgegenkommen in Richtung „familienbewusste“ Gestaltung der Stelle beim Arbeitgeber einzufordern und von sich aus die Belange des Kindes und der Gesamtfamilie in den Vordergrund zu rücken.
Natürlich führt das nicht immer zum gewünschten Ergebnis – aber Hinterfragen muss erlaubt sein und rückt in jedem Fall das Kind mit seinen Bedürfnissen in den Vordergrund.

Bei der Beratung und Entscheidung der Fachkraft des Jugendamtes spielt das eigene berufliche Selbstverständnis eine große Rolle: die Vorstellung von Familie, wie Elternschaft gelebt werden sollte, welche Wichtigkeit berufliche Tätigkeit / berufliches Fortkommen haben sollte etc. Es versteht sich von selbst, dass von persönlichen (Be-)Wertungen hier Abstand zu nehmen ist. Letztendlich geht es immer darum, die Interessen aller bestmöglich in Einklang zu bringen und im Prozess immer wieder die Perspektive des Kindes, das seine Wünsche und Vorstellungen noch nicht selbst vertreten kann, zu formulieren.
Muss eine Betreuungslösung für schwierige Situationen (Schichtdienst, Nachtdienst, Wochenenddienst, überlange Zeiten…) gefunden werden, steht die Suche nach einer geeigneten Form an. „Kettenbetreuungsverhältnisse“ sind unbedingt zu vermeiden, vor allem bei unter dreijährigen Kindern, da sie deren Bindungsbedürfnisse außer Acht lassen.
Das Entwickeln der bestmöglichen Betreuungslösung, vielleicht im Sinne eines vertretbaren Kompromisses, der zunächst für einen festgelegten Zeitraum gilt und dann überprüft wird, kann bzw. muss die Zielsetzung sein.

Unabhängig vom Einzelfall müssen aus fachlicher Sicht mindestens folgende Punkte erfüllt sein:

  • Alle Alternativen sind bekannt und geprüft, alle Aspekte eines „Für und Wider“ unter Beachtung der unterschiedlichen Perspektiven und Interessen sind offengelegt und berücksichtigt und die gefundene Lösung wird von allen Beteiligten mitgetragen.
  • Der Bildungs- und Erziehungsauftrag wird gewährleistet.
  • Eine Eingewöhnung ist vereinbart, die dem Kind altersgemäß entsprechend die Zeit gibt, die es braucht, um sich mit den neuen Bezugspersonen und der Umgebung vertraut zu machen.
  • Die Eingewöhnung wird von einer familiären Bezugsperson begleitet, damit das Kind Vertrauen und Sicherheit in die neuen zeitlichen Abläufe entwickeln kann.
  • Es besteht eine zeitliche Struktur, in der das Kind qualitative Zeit und stabile Beziehungen in beiden Familien erleben kann.
  • Ein Einvernehmen ist herzustellen, dass im Falle von Konflikten oder Problemen Beratung / Mediation angefragt wird, um einen Abbruch des Betreuungsverhältnisses zu vermeiden.

Fazit

Die Kindertagespflege hat ebenso wie die Kindertageseinrichtungen einen die familiäre Erziehung ergänzenden, erweiternden und entlastenden Auftrag. Sie hat ihren Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erbringen unter der Prämisse, Kinder in ihren Entwicklungsprozessen und auf ihrem Bildungsweg aktiv zu unterstützen. Ob die Voraussetzungen vorhanden sind und die Vorzeichen dafür sprechen, dass dieser Anspruch erfüllt werden kann, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der individuellen Situation zu prüfen. Hierbei kann eine Anpassungsleistung nicht ausschließlich von den Kindern gefordert werden, im Gegenteil, für sie muss von den Erwachsenen eine gute und förderliche Gegenwart und die Option auf eine positive Zukunft konstruiert werden.

Flexibilität in der Kindertagespflege muss genau dann einschränkt werden, wenn im Besonderen das Bedürfnis des Kindes nach Sicherheit und Kontinuität oder sein Anspruch auf individuelle Begleitung seiner Entwicklungs- und Bildungsprozesse nicht gewährleistet sind. Der bayerische Gesetzgeber hat 2013 genau aus diesem Grund eine Begrenzung der Anzahl der Betreuungsverhältnisse eingeführt, um dies sicherzustellen und Fehlentwicklungen vorzubeugen.

Bedauerlich ist, dass flächendeckende Diskussionsforen und Kooperationszusammenhänge, an denen sich Arbeitsverwaltung, Arbeitgeber und Jugendämter/ Familienservicestellen sowie Zusammenschlüsse von Tagespflegepersonen beteiligen und eindeutige Positionen festlegen, noch viel zu selten sind. Dies würde die Möglichkeit eröffnen, sich im Kontext von Vereinbarkeit von Familienverantwortung und Erwerbstätigkeit mit den unterschiedlichen Perspektiven auseinandersetzen und grundsätzliche Vereinbarungen zu treffen, die die Interessen von Kindern und deren Familien ausreichend berücksichtigen.

Die Kindertagespflege braucht klare und gedeihliche Rahmenbedingungen und ein eigenes Profil, damit sie zwischen Rechtsanspruch, Kitaausbau, flexibilisierter Arbeitswelt und Professionalisierungsbestrebungen als Qualitätsangebot eine wichtige Betreuungsform bleibt. Passiert dies nicht, besteht die Gefahr, dass sie künftig für das zuständig sein wird, „was übrigbleibt“. Hier ist auch die Kommunalpolitik gefragt, die für die Rahmenbedingungen vor Ort zuständig ist sowie eine professionell anzugehende Bedarfsplanung in der Region.

Autorin: Isolde Ruf, zuletzt geprüft am 04.12.2023