Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in der Kindertagespflege

(zuletzt geprüft am 28.11.2023)

Einleitende Bemerkungen

Kindertagespflege hat sowohl nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz als auch nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) neben dem betreuerischen Mandat einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Damit ist sie ein ausgewiesenes entwicklungsförderndes Angebot der Gesamtbetreuungslandschaft und hat die Kinder in ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu unterstützen (s. §§ 22 und 23 KJHG).

Die Rolle der Tagespflege definiert sich entlang des Primats der elterlichen Erziehung und ist als unterstützend und komplementär zu sehen (s. § 1 Abs. 2 SGB VIII i. V. mit Art. 6 GG). Dieses Prinzip betont auch das BayKiBiG in Artikel 4, Abs. 1: „Die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern liegt in der vorrangigen Verantwortung der Eltern ... Die Kindertageseinrichtungen und die Tagespflege ergänzen und unterstützen die Eltern hierbei. Das pädagogische Personal hat die erzieherischen Entscheidungen der Eltern zu achten."

So wird mit der Aufnahme eines Kindes in Tagespflege die gemeinsame Verantwortung von Eltern und Kindertagespflegepersonen für Bildung, Erziehung und Betreuung begründet. Eine gelingende Zusammenarbeit zwischen Eltern und Tagespflegeperson ist dabei ein entscheidendes Qualitätsmerkmal. Das beiderseitige Einvernehmen darüber, dass im Mittelpunkt dieser Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in erster Linie die positive Entwicklung des Kindes steht, ist hierzu die Voraussetzung. Die gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung sowie der Respekt für die Erziehungsleistung des anderen und das aufrichtige Interesse aneinander sind unerlässlich, um Hierarchie und Konkurrenz zu vermeiden. „Eltern sind „Experten" für ihre Kinder, deren Wissen über ihr Kind, seine Ressourcen und (Vor-)Erfahrungen für pädagogische Fachkräfte und Tagespflegepersonen äußerst gewinnbringend sein kann" (StMAS/IFP: Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in den ersten drei Lebensjahren, Handreichung zum Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen bis zur Einschulung, verlag das netz, 2010,
S. 112).

Weitere Grundlagen für gelingende Bildungs- und Erziehungspartnerschaft:

  • Aufgaben-/Erwartungsklärung: Was soll für das Kind in der Tagespflege möglich sein?
  • Rollenklarheit bzw. Rollenklärung der Tagespflegeperson: Bildungs- und Erziehungspartner/in der Eltern auf Zeit (Eltern bleiben lebenslang für die Kinder verantwortlich), Dienstleister/in? Freundin?
  • Reflexion der eigenen Grundhaltung als Voraussetzung für die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel: Verstehen der Situation der abgebenden Eltern, Toleranz für andere Verhaltensweisen (z.B. bei Eltern aus anderen Kulturen)
  • Verständigung auf grundlegende Eckpunkte: Bild vom Kind, Wertevermittlung/religiöse Erziehung, Kompetenzorientierung, Umgang mit kindlicher Sexualität/ Sauberkeitserziehung u. a. Verankerung der „Kooperation mit den Eltern/Bildungs- und Erziehungspartnerschaft" in der Konzeption (falls vorhanden).
  • Vertragliche Festlegung der Bedingungen: Betreuungszeiten, Konzeption als Bestandteil des Betreuungsvertrages, Fristen, Schweigepflicht usw.
  • Sensibilität für die „Stolpersteine": z.B. Konkurrenz zwischen erfahrener Tagesmutter und „Neumutter" – Loyalitätskonflikte des Kindes, ungeklärte Erwartungen, Empfinden von Abhängigkeit bei Eltern oder von „Anspruchshaltung" gegenüber der Tagespflege

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Dialog zwischen Eltern und Tagespflege – der Beginn

Aufgrund der besonderen Bedeutung von Anfangssituationen ist die Anbahnung des Betreuungsverhältnisses in der Vermittlungsphase eine wesentliche Schaltstelle, die es wahrzunehmen und zu gestalten gilt. Zu Recht berücksichtigen die Ausbildungscurricula den Erstkontakt zwischen Eltern und Tagespflegeperson ausführlich. Der vermittelnden und damit fachlich beratenden Stelle kommt hier steuernde Funktion zu. So sollten in den ersten Gesprächen neben der Klärung der Erwartungen auch die Vorstellungen zu Kooperation und Kommunikation thematisiert werden. Für die künftige Zusammenarbeit kann das Zustandekommen eines dialogischen und von Partnerschaft und Gleichgewicht geprägten Gesprächsverlaufs durch die Fachkraft der Vermittlungs- und Beratungsstelle entscheidend sein. Die so wichtige Begegnung der beiden Erziehungssysteme „auf Augenhöhe" kann hier durch die Fachkraft reflektiert bzw. bei Bedarf „nachjustiert" werden. Ziel muss von Beginn an das Signal sein, dass der Dialog offen und partnerschaftlich geführt werden muss, um gemeinsam zum Wohle des Kindes agieren zu können.

Bereits an dieser Stelle der ersten Vertrauensbildung sollen sich Eltern eingeladen fühlen, mögliche Ängste und Unsicherheiten, die die Entscheidung für eine Fremdbetreuung ihres Kindes begleiten, zu formulieren und offen damit umzugehen. Mütter befürchten unter Umständen eine negative Veränderung der Eltern-Kind-Beziehung, eine Entfremdung und sorgen sich womöglich bezüglich der erforderlichen Neuorganisation des Familienalltages. Ein offener Umgang mit der Thematik schafft Vertrauen und hilft späteren Problemen vorzubeugen.

Von ganz besonderer Bedeutung ist diese Phase der Erwartungs- und Bedingungsklärung bei Familien mit Migrationshintergrund. So müssen hier beide Seiten herausfinden, was jeweils an Normen und Werten gilt und welche Möglichkeiten und Grenzen im Betreuungsverhältnis gesehen werden. Die aktive Auseinandersetzung mit eventuell unterschiedlichen kulturellen Standards, die oftmals nicht ohne Weiteres bewusst sind, kann Unsicherheiten, Irritationen und Missverständnisse vermeiden. Vermutungen über mögliche Unterschiede bei Vorstellungen und Werten müssen vorurteilsfrei angesprochen werden können. Konstruktive Zusammenarbeit kann nur gelingen bei einer gegenseitig respektvollen Akzeptanz und dem Willen zur Verständigung und zum Lernen.

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Gestaltung des Übergangs von der Familie in die Tagespflege als gemeinsame Aufgabe

Der Eintritt in eine Tagespflegestelle ist für das Kind und dessen Familie ein großer Schritt. Besonders bei jüngeren Kindern muss es selbstverständlich sein, dass dem Übergang von der Familie in die außerfamiliäre Bildung, Erziehung und Betreuung die entsprechende Bedeutung zugemessen wird. Er ist sanft und mit viel pädagogischer Sorgfalt zu gestalten. Bereits im Vorfeld der Aufnahme müssen Eltern genaue Informationen zum (zeitlichen) Ablauf und zur Gestaltung der Eingewöhnung erhalten (Eingewöhnungskonzept). Sie müssen wissen, dass die kontinuierliche Begleitung des Kindes für den ersten Zeitraum unerlässlich ist. Aber auch die Tagespflegeperson wird durch den Austausch mit den Eltern während der Anbahnung wertvolle Hinweise auf die individuelle Situation der Familie und Ressourcen, Vorerfahrungen und Gewohnheiten des Kindes erhalten.

Eckpunkte der Eingewöhnung:

  • Eingewöhnung wird als „Veränderungsleistung" aller Beteiligten verstanden
  • Eine enge, familiäre Bezugsperson begleitet das Kind in der ersten Zeit kontinuierlich
  • Eltern wissen, wie sie ihrem Kind die Eingewöhnung erleichtern können bzw. wie sie sich dabei verhalten sollen
  • Die familiäre Bezugsperson und die Tagespflegeperson tauschen sich über ihre Wahrnehmungen aus
  • Die Entscheidung für eine erste Trennung wird gemeinsam getroffen Übergangsobjekte erleichtern dem Kind die Phase der Trennung

Ein Übergang ist vor allem dann gelungen, wenn sich das Kind von der Tagespflegeperson als Bezugsperson emotional akzeptiert fühlt (z. B. es lässt sich von ihr trösten), es Hinweise darauf gibt, dass das Kind sich wohlfühlt (z. B. es exploriert, zeigt positive Gefühle) und sich im Tagesablauf zurechtfindet.
Wenn Transparenz darüber herrscht, wie der Alltag der Tagespflegestelle gestaltet ist und wie die Tagespflegeperson mit dem Kind umgeht, werden die Eltern in ihrer Entscheidung für die Tagespflegestelle bestärkt.

Können Kinder bereits auf positive Erfahrungen mit Übergängen zurückgreifen und haben die Zeit und individuelle Begleitung erhalten, die sie benötigen, stärkt sie das auch für künftige Transitionen. Ihnen wird durch eine behutsame Eingewöhnung das Vertrauen und die Sicherheit vermittelt, solche Situationen gut meistern zu können. Übergänge, wie beispielsweise der Wechsel in den Kindergarten oder in die Schule, werden von den Kindern dann als weniger belastend wahrgenommen.

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Gestaltung der Zusammenarbeit mit den Eltern im laufenden Betreuungsverhältnis

Im Dialog zu bleiben ist Ausdruck des Verständnisses der gemeinsamen Verantwortung für die Entwicklung des Kindes. Die selbstverständliche und alltägliche Kommunikation in der Übergabephase beim Bringen und Abholen gibt dem Kind einerseits die Sicherheit, dass sich beide Betreuungssysteme miteinander verbunden sehen und Interesse aneinander haben; andererseits sind diese Situationen eine Gelegenheit für regelmäßigen Austausch von Informationen: Wie war der Morgen bzw. der Tag? Gab es irgendwelche Veränderungen oder besondere Ereignisse? Was hat das Kind gegessen? Wie hat es geschlafen? Die Tür- und Angelgespräche können auch für wichtige organisatorische und sonstige Absprachen wie die Planung der nächsten Tage, Veränderungen bei den Bring- oder Abholzeiten oder -personen etc. genutzt werden.

Diese täglichen Begegnungen sind wichtige Momente der „Beziehungspflege" zwischen den Bildungs- und Erziehungspartnern. Sie unterstreichen das gemeinsame Interesse am Kind und ermöglichen den Eltern die so wertvolle regelmäßige Teilhabe an den Entwicklungsschritten ihres Kindes, auch wenn diese während ihrer Abwesenheit stattfinden. Der Bedeutung der Bring- und Abholzeit als wichtiges Tageselement muss deshalb durch eine entsprechende zeitliche Einplanung Raum gegeben werden. Eine Gestaltungsmöglichkeit wäre beispielsweise die Einrichtung einer „Plauderecke" in der die Eltern für ein kurzes Gespräch verweilen können. Auch Fotos oder kleine Notizen, zusammengestellt z. B. in Form eines Tagebuches oder die Begleitung des kindlichen Entwicklungsverlaufs mit Portfolios machen das, was den Tag über geschieht und womit sich das Kind aktuell beschäftigt über das gesprochene Wort hinaus für die Eltern transparent.

Die aktive Gesprächsbereitschaft der Tagespflegeperson bedeutet auch, ein offenes Ohr für Fragen und Anliegen der Eltern zu Erziehungsthemen zu haben und ihnen, wenn gewünscht, mit Tipps zur Seite zu stehen. Sie bedeutet allerdings nicht, der Kummerkasten und Problemlöser für alle Familienangelegenheiten und -sorgen zu sein. Diese stimmige Balance zwischen Nähe und Distanz zu den Eltern ist Teil des reflektierten Rollenverständnisses der Tagespflegeperson.

Dokumentationen von Alltagssituationen, von Lernprozessen und Entwicklungsschritten anhand von niedergeschriebenen Beobachtungen, Fotos oder Lerngeschichten sollten auch als Grundlage für regelmäßige Entwicklungsgespräche dienen. Mindestens ein- bis zweimal im Jahr sollten sich die Tagespflegeperson und die Eltern zu einem solchen Gespräch verabreden. Das Entwicklungsgespräch braucht keinen besonderen Anlass (keine Defizit- oder Konfliktorientierung) sondern nur einen passenden Termin und Zeit.
Wünschenswert ist eine Teilnahmemöglichkeit für beide Elternteile. Im Mittelpunkt dieser Gespräche stehen vor allem der Austausch über den bisherigen Verlauf des Betreuungsverhältnisses, die Entwicklungsfortschritte des Kindes, der aktuelle Stand sowie die konkreten Ansatzpunkte der weiteren gemeinsamen Begleitung des Kindes. Tagespflegeperson und Eltern begegnen sich im Entwicklungsgespräch als Experten für das Kind. Ziel ist es, ein Gesamtbild vom Kind und seinen Kompetenzen zu erhalten und entlang der Ressourcen der beiden Betreuungssysteme die Schwerpunkte der weiteren Begleitung abzustimmen. Die Verantwortung für den Gesprächsverlauf und das Ergebnis in diesem Sinne liegen vorrangig bei der Tagespflegeperson, die mit einem bewussten und reflektierten Kommunikationsverhalten einen partnerschaftlichen Austausch steuert.

Auch gemeinsame Aktionen wie Familiennachmittage, Ausflüge und Feiern pflegen die Verbindung und die Kommunikation zwischen den Betreuungssystemen und schaffen für die Familien der Tageskinder die Gelegenheit, sich in einem offenen Rahmen näher kennenzulernen, sich auszutauschen und eventuell auch zu vernetzen. Solche Formen der Kooperation sind aber nicht zwingend erforderlich für ein gutes Betreuungsverhältnis. Entscheidend ist hier das Nähe- und Distanzbedürfnis der einzelnen Beteiligten. Bei Teilnahme der Eltern am Alltag der Kindertagespflege (Hospitationen) werden diesen manchmal auch Interna zur Situation anderer Tageskinder und deren Familien bekannt. Hier muss auf eine entsprechende Schweigepflicht hingewiesen werden. Es wird empfohlen, eine solche Verpflichtung in die vertragliche Vereinbarung aufzunehmen.

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Wenn es schwierig wird – Konflikte in der Zusammenarbeit

Eine sorgfältige Klärung der gegenseitigen Vorstellungen und Erwartungen, detaillierte vertragliche Vereinbarungen und klare Absprachen schaffen die Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit zwischen Tagespflegestelle und den Eltern. Eine Atmosphäre der Offenheit, der beidseitigen Wertschätzung und der partnerschaftlichen Kooperation (u.a. gegenseitige Information, Einhalten von Absprachen, Interesse, Lösungsorientierung) sind generelle Grundlagen einer gelingenden Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Die immer wieder neue Verständigung auf diese Prinzipien und darauf, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt zu stehen hat, kann hilfreich sein „wenn es schwierig wird".

Störungen und Konflikte sind nicht immer zu vermeiden, da unterschiedliche Meinungen und Einschätzungen von Situationen während des Betreuungsverhältnisses und eventuell auftretende belastende Ereignisse in den Familien unvorhergesehene Anforderungen stellen:

  • Störungen auf der Beziehungsebene, z. B. wegen unterschiedlichen Nähe- und Distanzvorstellungen, gefühltem oder realem Ungleichgewicht von Geben und Nehmen, Konkurrenz- und Eifersuchtsgefühle
  • Nichteinhaltung von getroffenen Vereinbarungen, z. B. zu Bring- und Abholzeiten, Dingen, die von zuhause mitgebracht werden sollen oder nicht
  • Unterschiedliche Erziehungsvorstellungen oder Einschätzungen zur kindlichen Entwicklung
  • Umbruchsituationen in der Familie des Tageskindes oder der Tagespflegeperson, die Neuvereinbarungen oder Neuordnungen erforderlich machen.

Zur Fachlichkeit der Tagespflegeperson gehört es, dass sie bei solchen Anlässen initiativ wird und konflikthafte oder schwierige Themen von ihrer Seite aus anspricht. Eine besondere Verantwortung an eine professionelle Haltung und Vorgehensweise gibt es bei Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls. Hier ist in jedem Fall die Unterstützung durch die zuständige Fachkraft des Jugendamts in Anspruch zu nehmen.

Der wichtige Themenbereich „Umgang mit Konflikten – lösungsorientierte Gesprächsführung" muss nicht nur in der Grund- auf Aufbauqualifizierung der Tagespflegepersonen ausreichend Platz finden, sondern sollte auch Gegenstand von regelmäßigen Trainingseinheiten während der Tätigkeit als Tagesmutter oder -vater sein. Alle Beteiligten sollten genau wissen, an wen sie sich im Konfliktfall wenden können. Die Fachkraft für die Tagespflegevermittlung im Jugendamt oder beim freien Träger kann im Falle eines, zwischen den Parteien unlösbaren und / oder eskalierenden Konfliktes vermitteln oder gegebenenfalls Mediation initiieren.
Ein „ungeordneter" Abbruch der Tagespflege aufgrund von Schwierigkeiten und Konflikten zwischen den Erwachsenen ist in jedem Fall zu vermeiden. Er richtet in der Regel einen nicht unerheblichen Schaden an und stellt für das Kind eine ebenso große Belastung dar, wie schwelende Unstimmigkeiten und unausgesprochene Unzufriedenheiten.

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Beendigung des Betreuungsverhältnisses – die Ablösungsphase

Der Abschied von der Kindertagespflege und der Übergang in einen neuen Lebensabschnitt müssen genauso sorgfältig gestaltet werden wie die Eingewöhnungsphase. Auch hier ist eine gemeinsame Begleitung durch Tagespflegeperson und die Eltern von großer Bedeutung. Gefragt ist ein auf die jeweilige Situation abgestimmtes Konzept des Übergangs, das mit dem Abschied verbundene Gefühle der Trauer und Ängste beim Kind, aber auch auf Seiten der Tagespflegeperson/-familie und der Eltern nicht ausblendet. Je nach Anlass für den Wechsel (z.B. Eintritt in eine andere Betreuungsform und / oder in die Schule, Wegzug der Familie oder auch der Tagespflegefamilie) sollte ein an die Situation angepasstes Vorgehen vereinbart werden. Vor besonderen Anforderungen stehen die Betreuungssysteme bei Abbruch des Tagespflegeverhältnisses wegen nicht zu überwindender Konflikte. Hier sind die Erwachsenen aufgefordert „trotz allem" eine professionelle Gestaltung anzustreben. Zugunsten des Kindes müssen eigene negative Emotionen und Impulse zurückgestellt werden, um ihm Zeit für Abschied und Ablösung in einer Atmosphäre, die das bisherige „Arrangement" nicht entwertet, zu ermöglichen.

Folgende Eckpunkte sollten in der gemeinsamen Begleitung des Abschiedes von der Kindertagespflege und im Übergang zur nachfolgenden Betreuungseinrichtung / Schule berücksichtigt sein:

  • Ein gelingender Übergang wird als langfristiger Prozess begriffen, die Vorgehensweise wird individuell abgestimmt.
  • Der Wechsel wird rechtzeitig angekündigt und das Kind wird altersangemessen einbezogen.
  • Die professionelle Gestaltung des Übergangs ist konzeptionell beschrieben.
  • Das Kind spürt die Verbindung und gemeinsame Verantwortlichkeit von Familie, Tagespflegestelle und der künftigen Einrichtung.
  • Über das Ereignis wird mit dem Kind immer wieder gesprochen, damit es sich darauf einstellen kann.
  • Auf Gefühle des Kindes wird einfühlsam eingegangen, sowohl was die positiven Empfindungen wie Neugier und Freude auf die neue Lebensphase anbelangt als auch die negativen wie Trauer und Angst. Die verlässliche und liebevolle Begleitung gibt dem Kind Zuversicht und Selbstbewusstsein.
  • Die Tagespflegeperson unterstützt bei Bedarf die Familie ganz praktisch im Übergang (z. B. zeitliche Neuorganisation, schnuppern bei der aufnehmenden Einrichtung, Eingewöhnungskontakte)

Es wird eine Vereinbarung zum weiteren Kontakt nach Beendigung des Tagespflegeverhältnisses getroffen.
Die Übergabe von Bildungsdokumentationen / Portfolios an das Kind und dessen Familie repräsentiert die Kontinuität der Begleitung durch seine Eltern auf dem weiteren Lebensweg.

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Resümee

Der Dialog mit den Eltern und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft sind wesentliche Voraussetzungen für ein auf Kinder positiv wirkendes Betreuungssetting und förderliche Entwicklungsbedingungen. Die besondere Situation, dass eine Familie mit einer anderen Familie zusammenarbeitet, hat viele Chancen, aber auch Stolpersteine. Eine Haltung der gegenseitigen Wertschätzung, des Respekts und die immer wieder erforderliche Verständigung darauf, dass es darum geht, dem Kind unterstützende, fördernde und Sicherheit gebende Bedingungen zu gewährleisten, können auch bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten eine tragfähige Basis sein.

Wie diese konstruktive Bildungs- und Erziehungspartnerschaft anzulegen ist, muss einen großen Raum in Aus- und Weiterbildung von Tagespflegepersonen einnehmen. Insbesondere in der Anbahnung des Betreuungsverhältnisses und bei einer konflikthaften Entwicklung sind Beratung und Begleitung durch Fachpersonal der Jugendhilfe unerlässlich.

Isolde Ruf

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