Ersatzbetreuung in der Kindertagespflege
Kaum ein anderes Thema bereitet auch 10 Jahre nach der gesetzlichen Verankerung in § 23 SGB VIII noch so viele Probleme bei der Umsetzung in die Praxis wie die Ersatzbetreuung. Dort heißt es in Abs. 4 Satz 2 sehr allgemein: „Für Ausfallzeiten einer Tagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen“. Kindertagespflege soll damit zu einer verlässlichen Betreuungsform für Eltern und einer Alternative zu Kindertageseinrichtungen werden. Es ist Aufgabe der Träger der Jugendhilfe, entsprechende geeignete Modelle zu entwickeln und zu finanzieren. Ersatzbetreuung muss die Bedürfnisse der Kinder und Eltern berücksichtigen. Angesichts der Heterogenität dieser Betreuungsform und der regional unterschiedlichen Voraussetzungen (Stadt, Flächenlandkreis) ist die Ersatzbetreuung eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Akzeptanz einer Ersatzbetreuung durch die Eltern wird maßgeblich von der Qualität beeinflusst. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Ersatzbetreuung dann rege in Anspruch genommen wird, wenn sie qualitativ hochwertig angeboten wird.
Wann muss Ersatzbetreuung angeboten werden?
Ersatzbetreuung muss ab dem ersten Ausfalltag sichergestellt werden. Es handelt sich auch um eine Fördervoraussetzung nach dem BayKiBiG.
Tagespflegepersonen können aus unterschiedlichsten Gründen für die Betreuung ausfallen: Krankheit, Schicksalsschläge, Schwangerschaft…
Urlaub der Tagespflegeperson zählt ebenfalls grundsätzlich zu den Ausfallzeiten, auch wenn hier davon ausgegangen wird, dass eine Abstimmung mit den Urlaubszeiten der Eltern erfolgt.
Aus fachlicher Sicht sind nachfolgende Mindeststandards einzuhalten:
- Zu Beginn des Tagespflegeverhältnisses ist mit der Tagespflegeperson und den Eltern geklärt und im Betreuungsvertrag festgehalten, wie die Ersatzbetreuung für das Tageskind geregelt ist.
- Die Eingewöhnung und weitere Kontaktpflege ist altersangemessen festgelegt. Bei Kindern unter drei Jahren sollte die Kontaktpflege mindestens zweimal im Monat stattfinden.
- Die Eltern kennen die Ersatzbetreuungsperson.
- Die Ersatzbetreuungsperson ist für die Tätigkeit entsprechend qualifiziert und geeignet. Für die Eignungsprüfung der Ersatzbetreuung im Rahmen der BayKiBiG-geförderten Kindertagespflege sind die Eignungskriterien der §§ 23 und 43 SGB VIII analog anzuwenden. Für ausschließliche Betreuung im Rahmen der Ersatzbetreuung (d.h. die Ersatzbetreuungsperson betreut selbst keine eigenen Kinder im Rahmen der Kindertagespflege) ist der förmliche Akt einer Pflegeerlaubnis nicht zwingend erforderlich.
- Die Fachkräfte des Tagespflegekinderdienstes begleiten und beraten die an der Ersatzbetreuung beteiligten Personen.
- Der zusätzliche Aufwand für die Tagespflegeperson z.B für die Kontaktpflege wird vergütet.
Welche Vertretungsmodelle gibt es?
In der Praxis haben sich verschiedene Vertretungsmodelle etabliert, wobei kreativen neuen Entwicklungen keine Grenzen gesetzt sind. Sehr häufig wird u.a. auch aus Kostengründen auf die gegenseitige Vertretung von Tagespflegepersonen gesetzt. Da aber eine Tagespflegeperson nicht mehr als 5 Kinder gleichzeitig betreuen darf, eignet sich das Modell nur für Tagespflegepersonen, die ein bis drei Tageskinder betreuen und gemeinsam nicht mehr als fünf. Eine Stadt bzw. ein Landkreis wird daher in der Regel verschiedene Vertretungsmodelle brauchen, um allen Eltern diesen Service anbieten zu können.
Durchweg positive Erfahrungen werden mit dem „Stützpunktmodell“ gemeldet, da neben verlässlicher Ersatzbetreuung die Tagespflege sozusagen auch räumlich in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Tagespflegepersonen fühlen sich angebunden und vernetzt und nutzen die Räumlichkeiten als Treffpunkt und Weiterbildungsort.
Insgesamt sind aus der Praxis folgende Vertretungsmodelle bekannt:
- Die „mobile Tagespflegeperson“
- Das „Stützpunktmodell“ (räumliche Anbindung )
- Das „Tagespflegepersonenteam“ (4+1-Modell)
- Das „Tandemmodell“ (zwei Tagespflegepersonen vertreten sich gegenseitig)
- Das Kooperationsmodell KiTa-Tagespflegeperson
Die Modelle sind in den Praxismaterialien für die Jugendämter des DJI beschrieben (Vertretungsmodelle in der Kindertagespflege)
Broschüre des Bundesverbandes "Analyse und Evaluation von Vertretungsmodellen in der Kindertagespflege"
Häufig gestellte Fragen zur Ersatzbetreuung
Bei Ausfallzeiten der Tagespflegeperson ist nach Art. 20 Satz 2 BayKiBiG iVm. § 23 Absatz 4 Satz 2 SGB VIII rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit sicherzustellen.
Diese Verpflichtung obliegt sowohl organisatorisch als auch finanziell dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und kann nicht vertraglich abbedungen werden.
Die Aufgabe kann jedoch gegen entsprechende Kostenerstattung an einen freien Träger übertragen werden. Letztverantwortlich bleibt immer das Jugendamt.
Ist keine Ersatzbetreuung organisiert, besteht kein Förderanspruch nach dem BayKiBiG!
Wird vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein funktionierendes Ersatzbetreuungsmodell organisiert und finanziert, ist es förderunschädlich, wenn die Eltern eines einzelnen Kindes die angebotene Ersatzbetreuung bei Ausfallzeiten der Tagespflegeperson nicht wahrnehmen wollen und z.B. lieber auf die Großeltern zurückgreifen.
Zu unterscheiden ist bei Ausfallzeiten grundsätzlich zwischen der Gewährung von Pflegeentgelt nach § 23 SGB VIII durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der BayKiBiG Refinanzierung durch den Freistaat Bayern, die an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe fließt.
Pflegeentgelt nach § 23 SGB VIII
Ob und ggf. wie lange die Tagespflegeperson in betreuungsfreien Zeiten – für einen gewissen Zeitraum – weiterhin das Tagespflegeentgelt erhält, entscheidet der Träger der öffentlichen Jugendhilfe in eigener Zuständigkeit und Verantwortung.
Kindbezogene Förderung des Tagespflegeverhältnisses nach dem BayKiBiG
Die kindbezogene Förderung knüpft an die Leistung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe an.
Wird das Tagespflegeentgelt wegen einer Ausfallzeit vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe eingestellt und bedarf es keiner Ersatzbetreuung (z.B. weil die Eltern die Ersatzbetreuung selbst organisieren), entfällt die kindbezogene Förderung nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Satz 1 AVBayKiBiG, weil der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Ersatzbetreuung nicht kostenpflichtig sicherstellt.
Zahlt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch während der Ausfallzeit das Tagespflegeentgelt, wird auch die kindbezogene Förderung geleistet.
Diese entfällt allerdings dann, wenn die Personensorgeberechtigten eine Ersatzbetreuung benötigen und ihnen diese nicht gestellt wird.
Förderunschädlich wäre, wenn die Personensorgeberechtigten die Ersatzbetreuung selbst organisieren bzw. die zur Verfügung gestellte Ersatzbetreuung nicht in Anspruch nehmen wollen.
Stellt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe das Tagespflegeentgelt ein und beschafft den Personensorgeberechtigten kostenpflichtig eine von den Eltern akzeptierte, qualifizierte Ersatzbetreuung, dann wird auch weiterhin kindbezogen gefördert.
Unberührt bleibt dabei die Voraussetzung, dass in der Endabrechnung der Kindertagespflege eine kommunale Förderung in mindestens gleicher Höhe erfolgen muss.
Bezüglich dem Wirksamwerden der Änderung bzw. dem Wegfall der staatlichen Leistung ist stets § 25 Absatz 1 Satz 1 AVBayKiBiG zu prüfen.
Die Ersatzbetreuungsperson muss für die Tätigkeit entsprechend qualifiziert, geeignet und vom Jugendamt genehmigt sein. Für die Eignungsprüfung der Ersatzbetreuung im Rahmen der BayKiBiG-geförderten Kindertagespflege sind die Eignungskriterien der §§ 23 und 43 SGB VIII analog anzuwenden.
Für ausschließliche Betreuung im Rahmen der Ersatzbetreuung (d.h. die Ersatzbetreuungsperson betreut selbst keine eigenen Kinder im Rahmen der Kindertagespflege) ist der förmliche Akt einer Pflegeerlaubnis nicht zwingend erforderlich.
Autoren: BLJA/StMAS, zuletzt geändert am 05.04.2023